Neue Ausbildungsziele
Ausbildungsziel moderner Berufsausbildung ist die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen, so „dass der Auszubildende zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit […] befähigt wird, die insbesondere selbständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren sowie das Handeln im betrieblichen Gesamtzusammenhang einschließt“. (siehe beispielsweise die Verordnung über die Berufsausbildung zum Elektroniker/ zur Elektronikerin. Mit ihren praxisbezogenen Anteilen erfassen neue Prüfungsformen neben den traditionellen berufstypischen Fertigkeiten und Kenntnissen auch entsprechende Kompetenzen.
Die neuen Prüfungsformen zeichnen sich aus durch:
- Praxisnähe
Der Gegenstand der Prüfung ist entweder direkt dem beruflichen Alltag entnommen oder berufliche Anforderungen werden zumindest realitätsnah simuliert. Beim Betrieblichen Auftrag in den Elektroberufen etwa oder der Betrieblichen Projektarbeit in den IT-Berufen ergibt sich die Prüfungsaufgabe aus der betrieblichen Realität. Im besten Fall erbringt der Auszubildende eine Leistung mit Mehrwert fürs Unternehmen, die dann vom Prüfungsausschuss abgenommen wird. Ist das nicht ohne weiteres möglich, wird in der Prüfung doch wenigstens die Berufspraxis abgebildet, indem berufstypische Situationen nachgestellt werden wie etwa wie beim Gastorientierten Gespräch.
- Handlungsorientierung
Geprüft wird Handlungsfähigkeit, nicht Bücherwissen. Die Auszubildenden sollen zeigen, dass sie auch umsetzen können, was sie gelernt haben. Deswegen werden berufliche Anforderungen nicht losgelöst vom berufstypischen Kontext abgefordert, sondern in vollständige Handlungsabläufe integriert. Die Auszubildenden sind aufgefordert, eine Aufgabe selbständig zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren. Neben dem bereits angesprochenen Betrieblichen Auftrag zielen auch so genannte Ganzheitliche Aufgaben darauf ab, Handlungsfähigkeit zu prüfen.
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.) (2006): Ausbildungsordnungen und wie sie entstehen. Schriftenreihe des Bundesinstituts für Berufsbildung. Bonn.
- Prozessorientierung
„Entsprechend der Prozessorganisation der Betriebe orientieren sich auch Ausbildungsberufe, Ausbildungsinhalte und Qualifikationserwerb nicht mehr an abstrakten Technikfeldern, sondern anhand der im Betrieb durchzuführenden Arbeits- und Geschäftsprozesse“ (Berufsbildungsbericht 2005).
Die Ausbildung soll den Auszubildenden befähigen, konkrete Situationen bzw. Aufträge im Arbeitsalltag selbständig zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren. Er soll betriebliche Prozesse in ihrer Ganzheit verstehen und ausführen können. Dazu benötigt er fachliche und überfachliche Fertigkeiten und Kenntnisse (Fach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz). Der Fokus des prozessorientierten Prüfens richtet sich auf die Geschäftsprozesse, das Qualitätsmanagement und die mit ihnen verbundenen Qualifikationen. Geprüft wird die Prozesskompetenz des Auszubildenden an einer möglichst authentischen Aufgabe aus dem Arbeitsalltag des Unternehmens. Durch die selbständige Bearbeitung einer Aufgabe aus der betrieblichen Praxis stellt der Auszubildende seine Fähigkeit, komplexe Arbeitsaufträge mit eigenverantwortlicher Disposition und Terminverantwortung abzuwickeln, unter Beweis.
Hier können Sie weiter lesen:
- Loebe, H.; Severing, E. (2005): Prozessorientierung in der Ausbildung. Ausbildung im Arbeitsprozess. Bielefeld.
- Frank, I. (2005): Reform des Prüfungswesens: Berufliche Handlungsfähigkeit liegt im Fokus. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 34, H. 2.
© f-bb (Forschungsinstitut Betriebliche Bildung)